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Prof. Dr. Ulla Törnig, Hochschule Mannheim

Von Beratung und Kontrolle hin zur Umsetzung. Die Gleichstellungsbeauftragten entwickeln zahlreiche Aktivitäten. Zur Durchsetzung der Chancengleichheit als Leitprinzip bedarf es an den Hochschulen jedoch mehrerer Akteure.

Die Hochschulen stehen bei der Durchsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern vor einer Fülle von Aufgaben und Handlungsfeldern. Dadurch, dass das Landeshochschulgesetz die Berücksichtigung von Chancengleichheit als Leitprinzip postuliert, sind alle Mitglieder einer Hochschule gleichermaßen in die Pflicht genommen.

Vor diesem Hintergrund darf man heute z.B. erwarten, dass Gleichstellungsaspekte Eingang in Lehre und Forschung finden (Beispiel hierzu auf der Website). Das meint nicht nur die Ausweisung spezieller Lehrangebote, um hier entsprechende Kompetenzen zu erwerben. Vielmehr sollten alle Lehrenden in ihrer Lehre die Geschlechterfrage mit bedenken und artikulieren. Nur so kann sich an einer Hochschule eine entsprechende Kultur entwickeln. In diesem Zusammenhang spielt auch die wachsende Wahrnehmung Hochschulangehöriger als Mitglied einer Familie mit entsprechenden Aufgaben eine große Rolle. Zur Berücksichtigung von Kindererziehung und Angehörigenpflege sowie zur Lösung damit verbundener Vereinbarkeitsfragen werden deshalb an vielen Hochschulen inzwischen vielfältige Unterstützungsangebote vorgehalten. Diese reichen von Beratung und Information bis hin zu konkreten Maßnahmen wie der Einrichtung von eigenen Kinderbetreuungsstätten. Einige Beispiele finden sie hier auf der Website. Häufig liegt die Initiierung und Abwicklung solcher Vereinbarkeits-Maßnahmen in den Händen der Gleichstellungsbeauftragten; an manchen Hochschulen ist die Thematik in der Personalabteilung angesiedelt.

Selbstverständlich ist es jedoch in erster Line die strukturelle Umsetzung des Leitprinzips Chancengleichheit, die Änderungen im personellen Aufbau der Hochschule und in den Prozessen erfordert. So gilt es die Rahmenbedingungen vor Ort zu verbessern. Auch hier bieten sich verschiedene Ansatzpunkte. Die Hochschulrealität wird heute maßgeblich durch Gleichstellungskonzepte mit gestaltet. Und nicht zuletzt kommt es darauf an, Gleichstellung in weitere Instrumente des Hochschulmanagements zu integrieren. Als Akteure sind alle Hochschulangehörigen gefragt, in erster Linie jedoch solche, die besondere Verantwortung tragen, vom Aufsichtsrat über den Vorstand, den Senat bis hin zu den Fakultätsvorständen und Leitungen der Studiengänge.

Erforderlich ist für eine sachgerechte Bewältigung dieser Anforderungen ist ein entsprechendes Know-How. Unterstützt werden die Hochschulen, also die jeweils Verantwortlichen, durch die Gleichstellungsbeauftragte. Ihr kommt in erster Linie beratende Funktion zu. Durch zahlreiche gesetzliche Regelungen ist inzwischen die Einbindung der Gleichstellungsbeauftragten in entscheidende Prozesse der Hochschule vorgesehen. So ist die Gleichstellungsbeauftragte z.B. Mitglied jeder Berufungskommission und auch des Senats. Damit kommt ihr auch eine Kontrollfunktion zu, die sich auf beliebig viele Aspekte erstrecken kann: von der Geschlechterparität unter den Studierenden, wissenschaftlich Tätigen und Lehrenden bis hin zur Verwendung einer gendergerechten Sprache im Hochschulalltag.

Es verwundert also nicht, dass viele Gleichstellungsbeauftragte der Hochschulen neben der Beratung und Kontrolle heute auch Umsetzungsfunktionen erfüllen Denn das erforderliche Genderbewusstsein lässt sich an vielen Stellen nicht so schnell herstellen, und so sind es Gleichstellungsbeauftragten, die sich der damit verbundenen Aufgaben annehmen.

Auf der Website der LaKof wird durch Nahaufnahmen beleuchtet, welche Aktivitäten von den Hochschulen und dort vor allem von deren Gleichstellungsbeauftragten zur Durchsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern entwickelt werden. Aktivitäten zur Erhöhung des Frauenanteils unter den Professorinnen bilden dabei noch immer das Kerngeschäft. Die Beiträge auf der Website hierzu machen deutlich, dass den Gleichstellungsaspekten innerhalb der Berufungsverfahren zentrale Bedeutung zukommt. Die Gleichstellungsbeauftragten wirken deshalb an allen Berufungsverfahren mit (auf unserer internen Website findet sich eine Handreichung hierzu) und bemühen sich über die überregionalen Aktivitäten der LaKof aktiv darum, potenzielle Bewerberinnen zu rekrutieren und Karrierewege zu ebnen.

Akademikerinnen, die eine HAW-Professur anstreben, müssen heute promoviert sien und sollten über Lehrerfahrung verfügen. Hierfür gibt es spezielle Förderprogramme wie das Mathilde-Planck-Lehrauftragsprogramm.

Von zentraler Bedeutung ist die Nachwuchsförderung, denn Frauen sollen nicht nur berufen werden, sie müssen auch „nachwachsen“. Die Nachwuchsförderung beginnt deshalb schon in der Schule. Hier gilt es Mädchen für die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu gewinnen. Einige Beispiele für das Gewinnen von Schüler/innen werden hier aufgezeigt. Ist das Interesse junger Frauen erfolgreich geweckt, bemühen sich die Hochschulen aktiv, diese auch zu halten und zu fördern; Mentoring- und Netzwerkangebote sind dabei heute nahezu unverzichtbar. Dazu gehört auch Unterstützung beim Übergang ins Berufsleben. Wie facettenreich dieses Handlungsfeld zur Förderung von Studierenden und Ehemaligen ist, zeigen unsere Beiträge.

Wenn Chancengleichheit von Frauen und Männern als durchgängiges Leitprinzip berücksichtigt werden soll, muss sie im Querschnitt gedacht und umgesetzt werden. Die Einzelbeiträge geben als Nahaufnahmen hierfür Beispiele und zeigen die Aktivitäten in Sachen Gleichstellung an Hochschule auf. Entstanden ist inzwischen ein Instrumentenkasten, der zahlreiche Anregungen bietet. Noch sind die Gleichstellungsbeauftragten Hauptakteurinnen dieses Handlungsfelds.

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Prof. Dr. Ulla Törnig, Hochschule Mannheim

Professorin für Sozialverwaltungsrecht, Bürgerliches Recht, Jugendhilferecht, Jugendstrafrecht
Gleichstellungsbeauftragte von 2003-2006 und von 2008 bis 2012
Stellvertretende Landessprecherin der LaKof BW von 2008-2012